Geschichte
Im Herbst 2005 fand sich eine kleine Initiative von Neu-Siedlern des entstehenden Wohngebietes an der Rummelsburger Bucht zusammen, um gemeinsam nachbarschaftliche Begegnungen im Quartier zu organisieren und ein Miteinander innerhalb der immer weiter wachsenden Bewohnerschaft zu stiften.
Aus dieser Initiative heraus gründete sich bereits im Mai 2006 der Nachbarschaftsverein WiR e.V.
Die Gründung eines Nachbarschafts- und Stadtteilzentrums als „Mitte“ des sozialen und kulturellen Lebens des Wohnquartiers Rummelsburger Bucht und seit Mai 2009 dessen organisatorische und inhaltliche Trägerschaft standen bzw. stehen im Mittelpunkt der überwiegend ehrenamtlich arbeitenden Vereinsstruktur.
WiR e.V. ist eine Initiative von Anwohnern der Rummelsburger Bucht für Anwohner und darüber hinaus.
Der Verein folgt damit dem Ansatz des Empowerments. Bürger übernehmen selbst Verantwortung für die Gestaltung ihres gesellschaftlichen und Wohnumfeldes.
Der WiR e.V. ist Träger des Nachbarschaftszentrum „Altes Lazarett“ in der Erich-Müller-Str. 9. Hier finden interessante Angebote, Kurse und Veranstaltungen statt.
Die Rummelsburger Bucht – ein Quartier wird erwachsen
Ein persönlicher Rückblick auf mehr als zehn Jahre Nachbarschaftsverein
Von Kai-Uwe Heymann
Im kommenden Jahr feiern die „Erstsiedler“ des zweiten großen Bebauungsabschnitts der Rummelsburger Bucht ihr 15-jähriges “Siedlungsjubiläum“. Nach dem vorangegangenen Bauabschnitt an der Ufer-Promenade in den 90er Jahren (Rummelsburg I) war 2001 mit politischer Prominenz auf dem ehemaligen Gelände der Grenztruppen und des früheren Waisenhauses der Spatenstich für das neue Quartier erfolgt (Rummelsburg II).
Schon kurz nach Ostern 2003 konnten die ersten Familien des Prototyps der Rummelsburger Baugruppen glücklich und stolz ihre Häuser beziehen. Das Baugruppenmodell war damals in Berlin noch kaum verbreitet und wurde im Entwicklungsgebiet an der Bucht quasi experimentell erprobt. Die derart visionären und anfangs mit erheblicher auch öffentlicher Skepsis konfrontierten Architekten hatten einen ganz wesentlichen, wenn nicht entscheidenden Anteil am Gelingen und der späteren Fortschreibung dieses Formats. Die Zutaten dazu waren frische und überzeugende architektonische Ideen, persönlicher Einsatz in der Führung des Baugruppenprozesses und Verhandlungsgeschick mit den öffentlichen Akteuren gleichermaßen. Als Pioniere dieses Prozesses sind besonders das Architektenpaar Matthias Beyer und Katrin Schubert zu nennen, die neben sehr bald preisgekrönter Backsteinarchitektur mit holländisch-britischen Anklängen auch Mut zur Realisierung expressiver, ja avantgardistischer Entwürfe wie den „Artist Villages“ bewiesen. Beide lebten während ihres Berliner Schaffens selbst im Gebiet. Rummelsburg hat ihnen einige wesentliche baulichen Akzente, vielleicht auch die heutige Siedlungsstruktur überhaupt zu verdanken, sahen die ursprünglichen öffentlichen Planungen doch zunächst eine Fortsetzung der Bebauungsstruktur von Rummelsburg I vor. Andere Architekten folgten und sorgten so für ein architektonisch attraktives Ensemble.
Das Baugruppenmodell seinerseits ermöglichte nicht nur Synergien bei den Baukosten, sondern trug über die Zeit der gemeinsamen Bauphase auch frühzeitig zur Bildung von Mikro-Nachbarschaftsprozessen bei. Diese entwickelten sich sowohl innerhalb der jeweiligen Baugruppe, wie auch überlappend hinein in die jeweils vorangegangenen oder nachfolgenden Baugruppengenerationen. Für die soziale Qualität des fortschreitenden Besiedlungsprozesses des neuen Quartiers war dies ein Glücksfall. Zugleich war damit die Keimzelle der Nachbarschaftsarbeit des späteren Nachbarschaftsvereins WiR e.V. gelegt. Dessen Akteure nutzten eine in dieser Form wohl nahezu einzigartige urbane Entwicklung für das fortgesetzte Knüpfen guter nachbarschaftlicher Beziehungen und die Initiierung gemeinsamer Aktivitäten für das neue Quartier (und darüber hinaus). Auch wenn sich längst nicht alle Anwohner der Bucht in diesem Rahmen engagieren, so hat sich doch über die Jahre eine Art der Siedlungskultur entwickelt, an der viele partizipieren und die wiederkehrend Anerkennung auch von außerhalb des Gebietes erfährt. Kiezbeirat und Bootsclub Rummelsburg erweiterten das Aktivitäts- und Organisationsspektrum nochmals auf ihre jeweils eigene Weise.
Im vergangenen Jahr konnte der Nachbarschaftsverein sein 10-jähriges Bestehen feiern. Seit Mai 2017 führt nach einem Generationswechsel ein erneuerter Vorstand den Verein in die kommenden Jahre.
Zwischenbilanz und Perspektive für die Zukunft?
Auf der Suche nach möglichen Antworten ließe sich zunächst der Graswurzel-Charakter der Vereinsarbeit nennen. Während häufig nach der öffentlichen Hand gefragt wird, wenn es um das Initiieren oder Vorhalten von Angeboten geht, ist unsere Vereinsarbeit ein Beispiel dafür, wie Bürger selbst aktiv werden und für ihren Kiez einiges erreichen können. Das „Alte Lazarett“ als Nachbarschaftszentrum hätte es ohne das Wohlwollen von Senat und Bezirk sowie des Investor des „Berlin-Campus“-Projektes auf dem Gelände der früheren Haftanstalt Rummelsburg nicht gegeben. Allerdings wäre das „Alte Lazarett“ wohl ohne die seinerzeit engagierten Neubürger der Bucht auch nicht als Nachbarschaftszentrum umgebaut worden. Den Betrieb ermöglichen seither der Verein und die ihn tragenden Mitglieder. Die Kinder und Heranwachsenden des Gebietes, Familien aber auch Kultur- und Sportinteressierte haben in den vergangenen 8 Jahren von der Existenz des Hauses profitiert oder konnten eigene Ideen verwirklichen. Viele waren dankbar, Räume für private Anlässe nutzen zu können, war die eigene Wohnung zu klein. Vereine, Verwaltung, Parteien oder Initiativen nutzten das Haus für Klausuren, Bürgerversammlungen, Kiezworkshops oder Runde Tische. Öffentliche Veranstaltungen aller Art hatten und haben hier Raum. Das Quartier erhielt mit dem Nachbarschaftszentrum 2009 sein „Wohnzimmer“ und das war sehr gut so.
Selten vollzieht sich ein Quartiersentwicklungsprozess auf historisch so vielschichtigem Gelände so interessant und facettenreich, wie dies hier an der Bucht der Fall war. Wenige Nachbarschaften haben gleichzeitig die Gelegenheit, einigermaßen organisch zusammen zu wachsen. In Rummelsburg kam vieles zusammen, was das Quartier bis heute zum Gegenstand zahlreicher Masterarbeiten, zum Besuchsziel von in- wie ausländischen Studenten- oder Architektengruppen, Geschichtsinteressierten oder zum Ort von Gedenkkultur macht.
Entstehung und Qualität vieler nachbarschaftlicher Beziehungen waren in Rummelsburg wohl intensiver und breiter angelegt, als dies in herkömmlichen Neubaugebieten oft der Fall ist. Im Zusammenleben von Menschen kann und wird es natürlich immer auch zu Konflikten kommen und wir alle sind frei in der Ausgestaltung der Balance zwischen Nähe und Distanz zu den Menschen unseres Umfeldes. Eine Situation sozialer Erwartung oder gar sozialen Drucks waren zu keiner Zeit Teil der Nachbarschaftsprogrammatik. Allerdings sollte der Wert guten oder gar freundschaftlichen nachbarschaftlichen Zusammenlebens auch bei unterschiedlichen Interessen nicht aus dem Blick geraten. Gute Beziehungen wollen wie die Blumen in den vielen Gärten unseres Gebietes von Zeit zu Zeit gewässert werden. Auch nach Jahren des Tür-an-Tür-Lebens ist dies nicht unbedingt ein Selbstläufer. Versöhnliche Beziehungen zu den Menschen des Umfeldes, in dem wir leben, schlafen, feiern und unsere Kinder groß werden, sind nicht zuletzt auch ein Beitrag zu unserer eigenen Lebensqualität und Gesundheit.
Die Stadtteilarbeit unseres Nachbarschaftsvereins hat hier bislang versucht, einen ganz eigenen Beitrag zu leisten. Viele haben dies punktuell oder kontinuierlich mitgetragen, haben sich selbst eingebracht oder waren stille Teilhaber eines auf das Wohl der Vielen ausgerichteten Prozesses.
Meine persönliche Bilanz ist: ja, es hat sich gelohnt, dieses Quartier mitzugestalten und: ja, es lohnt sich noch immer. Das sage ich feststellend und einladend zugleich. Nehmen wir uns als Nachbarn weiter oder ganz neu wahr. Geben wir neben dem Individuellen oder Familiären auch der Gemeinsamkeit weiterhin Raum. Ermöglichen wir Kultur und Kunst. Fördern wir die Kreativität in unserer Mitte und verlernen wir auch im unausweichlichen kollektiven Alterungsprozess das Feiern nicht. Nicht zuletzt: Rummelsburg ist weder eine Insel der Glückseligen, noch sollte sie es sein. Nicht nur die adventliche Jahreszeit ermahnt uns, über unser Quartier hinaus auf die Belange und Probleme unseres Bezirks und unserer Stadt zu sehen. Nicht lediglich in der eigenen Geborgenheit und Wärme zu verharren, sondern die Kunst, das richtige Verhältnis vom „Haben“ oder „Sein“ für uns auszutarieren, wünsche ich uns allen auch über diesen Advent 2017 hinaus.
(Der Autor war seit der Gründung 2006 bis zum Frühjahr 2017 Vorsitzender des Nachbarschaftsvereins WiR e.V.)
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